Antonia aus Nordrhein-Westfalen hat eines unserer Austausch-Stipendien für 2014/2015 erhalten. Sie ist seit August 2014 auf einer High School in Kalifornien und lebt dort in einer Familie. Hier berichtet sie über ihre ersten Erfahrungen.
Ich weiß gar nicht mehr ganz genau, wie ich auf mein Auslandsjahr gekommen bin. Ich wollte schon seit einer ziemlich langen Zeit für ein Jahr ins Ausland gehen und dann habe ich in meiner Schule einen Aushang über eine Messe für Auslandsaufenthalte gesehen. Dort bin ich dann hingegangen und habe gelernt, dass man für ein Jahr auf eine High School geht und bei einer Gastfamilie wohnt.
Die Idee, für ein Jahr ins Ausland zu gehen, hat mir immer mehr zugesagt. Am Anfang wollte ich für 10 Monate nach England gehen, aber ich weiß gar nicht mehr warum. Dann habe ich mir aber überlegt, dass ein Jahr in Amerika meine einzige Chance wäre, auf eine richtige High School zu gehen. Deswegen habe ich mich für die USA entschieden und ich bin letztendlich sehr froh über meine Entscheidung.
Ich habe mich im Internet über die verschiedenen Organisationen erkundigt. Ich habe mich für meine Organisation entschieden, weil sie sehr seriös herüberkommt, sie schon viele Schüler in die USA geschickt hat und die Mitarbeiter total nett sind.
Als ich dann meine Bewerbung verschickt habe, wurde ich zu einem Interview in meiner Stadt eingeladen. Dort wurden mir Fragen zu Situationen, die mir während meines Jahres passieren könnten, gestellt. Nach ca. zwei Wochen bekam ich die Nachricht, dass ich angenommen wurde und natürlich ich habe mich so darüber gefreut.
Nun begann aber erst die richtige Arbeit. Alle Unterlagen mussten ausgefüllt werden, Arztdokumente und Regeln unterschrieben werden. Es hat echt lange gedauert bis ich alles fertig hatte und ich war froh als ich das Paket wieder wegschicken konnte. Im April hatte ich dann mein Vorbereitungsseminar, auf dem wir für unser Jahr vorbereitet wurden. Uns wurden nochmal die Regeln erklärt und über die High School und das Leben in der Gastfamilie erzählt. Am Ende haben wir noch eine Mappe mit allen Informationen bekommen, damit wir nochmal alles nachgucken können, falls wir Fragen haben.
Ich bin meinen Eltern so dankbar, dass sie mir dieses Jahr ermöglichen und bin so froh, dass ich das Taschengeldstipendium erhalte. Von dem Stipendium habe ich auf einer SchülerAustausch-Messe gehört und daraufhin habe ich mich beworben, dachte aber dass ich so gut wie keine Chance habe. Ein paar Wochen später war dann die E-Mail da und ich konnte es erst gar nicht glauben, dass ausgerechnet ich aus so vielen Bewerbungen ausgewählt wurde.
Für mein Auslandsjahr habe ich mich eigentlich nur mit dem Vorbereitungsseminar vorbereitet. Natürlich habe ich mich auch selber darauf eingestellt, dass ich für 10 Monate ins Ausland gehe, weg von Familie und Freunden. Am Anfang denkt man ja immer nur, ach das ist noch solange hin, aber dann vergeht die Zeit immer schneller und plötzlich steht man am Flughafen und muss sich von allen verabschieden. Erst dann habe ich richtig realisiert auf was ich mich eingelassen habe. Natürlich war es schwer goodbye zu sagen, aber man wusste ja vorher, auf was man sich eingelassen hat und außerdem wartete ja eine ganz neue Erfahrung auf einen.
Hier in den USA habe ich selbstverständlich noch viel Kontakt zu meiner Familie und meinen Freunden. Ich versuche jedes Wochenende mit meinen Eltern zu skypen und mit meinen Freunden schreibe ich die meiste Zeit. Großes Heimweh hatte ich bisher eigentlich noch nicht. Natürlich wünsche ich mir schon manchmal zuhause zu sein und alle wiederzusehen, aber mir gefällt es hier auch richtig gut. Wenn ich manchmal ein bisschen Heimweh habe, versuche ich nicht auf mein Zimmer zu gehen, sondern irgendwas mit meiner Gastfamilie zu machen. Das hilft.
Kurz bevor das Flugzeug in Kalifornien gelandet ist, war ich schon ziemlich aufgeregt und gespannt, weil ich ja gar nicht wusste was mich alles erwarten würde. Was ist, wenn ich vor lauter Aufregung kein Englisch mehr sprechen kann? Was ist, wenn alles ganz anders ist als ich mir das vorgestellt habe? Solche Fragen gingen mir durch den Kopf, aber letztendlich war alles gut.
Meine Gastmama kam schon auf mich zu, als ich die Rolltreppe heruntergefahren bin und hat mich direkt in die Arme geschlossen. Mein Gastpapa konnte leider nicht kommen, da er schon beim Campingplatz war und alles für das Wochenende vorbereitet hat. Meine Gastfamilie ist in einem Campingclub und geht jedes erstes Wochenende mit dem Club campen und da ich ja am 1. August, an einem Freitag angekommen bin, sind wir dann direkt am ersten Tag campen gegangen.
Das hat mich zwar ein bisschen überrumpelt, da ich dachte, dass ich zuerst einmal auspacken kann und mich ein bisschen in meinem neuen Haus einleben kann, aber es war auch schön, alle vom Club direkt kennenzulernen. Der Club ist wie eine große Familie, alle sind super lieb. Am Samstag spielen wir am Morgen immer „Washers“, das ist ein typisch amerikanisches Spiel, bei dem man versuchen muss einen der drei Ringe in verschiedene Löcher zu werfen. Hört sich jetzt vielleicht einfach an, ist es aber gar nicht. Am Nachmittag spielen dann alle Bingo; eigentlich macht es echt Spaß, wenn man mal ein Bingo bekommt.
Eines der ersten Dinge, die mir hier aufgefallen sind, ist die Freundlichkeit und Offenheit. Hier ist es normal, dass man fremde Leute auf der Straße grüßt und hier ist es normal, dass der Nachbar, mit dem man noch nie gesprochen hat, fragt wie die Schule war. Und hier ist es normal, dass die Leute im Supermarkt versuchen, ein Gespräch mit dir anzufangen. Das Lehrer- und Schülerverhältnis ist auch total verschieden. Hier ist es normal, dass man den Geburtstag des Lehrers mit Tanzen und Kuchen feiert und einfach viel lockerer mit denen umgeht. Generell kann man sagen, dass alles an der Schule unterschiedlich ist. Hier erlebt man den ganzen Schul-spirit, den man in Deutschland nirgendwo findet. Die Leute hier sind echt stolz auf ihre High School und zeigen das auch. Ich liebe die peprallies, in denen alle zusammen kommen und alle möglichen Gruppen was vortanzen/singen/spielen. Man fühlt sich echt wie in einem dieser High School-Filme.
Ich war auch bei einigen Football Games, aber leider ist unser Football Team dieses Jahr nicht so gut und deswegen haben wir bis auf einmal immer verloren. Und ich verstehe Football bis jetzt auch nicht so wirklich. Es war aber immer relativ lustig mit Freunden. Das Homecoming Game hat mir natürlich am besten gefallen. Dort gab es in der Halbzeit mehrere kleine Shows und dann wurden die Homecoming-Königin und der -König gekrönt. Alles wie im Film.
Ich habe mich ziemlich schnell eingelebt und mir hat es echt geholfen, dass mich meine Gastfamilie direkt als ein richtiges Familienmitglied angesehen hat. Die behandeln mich und meine Gastschwester aus Belgien genau wie ihre Kinder. Wir spielen gerne Karten am Abend oder gucken Fernsehen oder kochen zusammen. Hier ist es so, dass wirklich immer der Fernseher läuft. Selbst in der Nacht! Wir müssen unser Zimmer und Badezimmer ordentlich und sauber halten, aber das ist ja selbstverständlich. Ich finde wir haben richtig Glück mit unserer Gastfamilie, da sie richtig lieb ist und echt viel mit uns unternehmen. Meine Gasteltern übernehmen auch fast alles von den Kosten, wieder mit der Begründung, dass wir Part der Familie sind. Ich habe hier eine Gastschwester, France aus Belgien und wir verstehen uns echt super. Sie spricht Französisch, was ich echt super finde, da ich dann mein Französisch nicht ganz verlerne. Wir sprechen sogar manchmal Französisch miteinander.
Manchmal gehen wir uns aber auch ein bisschen auf die Nerven, ist aber denke ich mal normal unter „Geschwistern“. Wir teilen uns ein Zimmer, was ich am Anfang nicht so toll fand, aber als sie dann angekommen ist, fand ich es sogar besser. Dadurch, dass wir immer zusammen sind, bleibt auch nicht so viel Zeit für Heimweh. In der Schule hat dann aber jeder seine eigenen Freunde. Am Anfang sind immer alle auf einen zugekommen und haben uns durchlöchert mit Fragen.
Nach einer Zeit legt sich das natürlich und dann muss man selbst auf Leute zugehen und versuchen Freundschaften zu schließen. Am Anfang war das ein bisschen schwer für mich, vor allem da alle immer so schnell gesprochen haben und ich kaum mitgekommen bin. Jetzt ist alles aber gut und man gewöhnt sich an die Sprache. Bei mir hat es, glaube ich, mindestens einen Monat gedauert, bis ich richtige Freunde gefunden habe. Am Anfang war ich aber froh, dass ich France hatte und nicht die ganze Zeit alleine war.
Am Anfang saßen wir mit Freunden von Yearbook beim Lunch, aber letztendlich waren die dann doch nicht so unser Fall und haben uns nach einer Zeit einfach ignoriert. Dann habe ich eine meiner besten Freundinnen hier, Sarah, in US History kennengelernt, da ich meinen Kurs wechseln musste. Dann bin ich mit ihr zum Lunch und habe andere Leute kennengelernt, mit denen ich jetzt immer was mache. Ich bin froh, dass ich schon so gute Freundinnen gefunden habe und bin wirklich traurig, wenn ich die alle verlassen muss.
Mit der Sprache wurde es dann auch immer besser und jetzt habe ich fast gar keine Probleme mehr etwas zu verstehen. Naja, in US History habe ich immer noch ein paar Problemchen, da ich die Wörter einfach noch nicht kenne, aber es wird besser. Wenn ich mal etwas gar nicht verstehe, frage ich bei dem Lehrer nochmal nach. Vor ca. einem Monat haben wir zum Beispiel ein Drama in Englisch gelesen, das echt schwer zu verstehen war. Meine Lehrerin hat mir dann eine vereinfachte Fassung gegeben und das hat mir echt geholfen, denn dann konnte ich das Drama mit verfolgen.
Einen Sport habe ich auch gemacht. Ich war im Cross Country Team, aber ich fand das Training manchmal ein bisschen zu hart, da wir jeden Tag bis zu zwei Stunden laufen mussten. Aber durch Cross Country habe ich viele neue Leute kennengelernt und ich kann jedem nur empfehlen, einen Sport anzufangen. Eins kann ich mit Sicherheit sagen: In den ersten Monaten habe ich echt viel dazugelernt und so viele neue Leute kennengelernt. Ich merke, dass ich mich weiterentwickelt habe und mein Englisch deutlich besser geworden ist.
Alle Fotos: Deutsche Stiftung Völkerverständigung