Vivien aus Bochum verbringt ihr Auslandsjahr mit unserem Austausch-Stipendium in Queensland an der Gold Coast in Australien. Sie berichtet hier über ihre Erfahrungen
Der Traum vom Schüleraustausch Australien wurde immer realer für mich
Nachdem meine Reise fertig gebucht war und ich das genaue Datum meiner Abreise wusste, wurde mein Traum immer realer. Alle, mit denen ich über mein Auslandsjahr geredet habe, haben gefragt wann es den los gehe und ich konnte mit einem genauen Datum antworten. Ich habe mich jedes Mal mehr gefreut, wenn ich das Datum genannt habe. Ständig habe ich von Australien geträumt und mir vorgestellt wie es wohl sein wird.
Das Kennenlernen der Gastfamilie in Australien per Mail mit Hindernissen
Meine Gastfamilie habe ich bereits ziemlich früh zugeteilt bekommen. Zuerst habe ich nur ein Profil, mit wenigen Informationen und kleinen, verpixelten Schwarz-Weiß-Fotos erhalten. An die angegeben E-Mail Adresse habe ich dann eine E-Mail geschrieben, mit Frage und einer kleinen Selbst Vorstellung. Nach einer Woche habe ich erst eine Antwort bekommen, die sehr kurz ausfiel. Meine Gastmutter hatte mir geschrieben, dass es gerade sehr hektisch ist und sie mir noch mal schreibt.
Im ersten Moment habe ich mich etwas seltsam gefühlt, da meine Gastfamilie nicht die Zeit finden konnte mir etwas über sich zu erzählen, aber andererseits besteht meine Gastfamilie aus fünf Kindern und den beiden Eltern, was einen turbulenten Alltag bereiten kann. Nach einigen Wochen dann, habe ich eine lange und ausführliche E-Mail von meiner Gastmutter erhalten, in der sie die ganze Familie vorgestellt hat.
Gastfamilienwechsel in Australien nach sechs Monaten?
Doch aus einem, mir unbekannten Grund, hat sie geschrieben, dass sie sich freut, mich sechs Monate bei sich aufzunehmen. Das hat mich etwas stutzig gemacht, da ich für ein ganzes Jahr nach Australien gehen sollte. Ich habe darauf hin erstmal meine Koordinatorin in Deutschland angerufen und gefragt ob das nur ein Versehen meiner Gastmutter war oder es ein Fehler in der Übermittlung an meine Gastfamilie oder nach Australien gab.
Es hat sich herausgestellt, dass meine Koordinatorin in Australien meiner Gastfamilie versehentlich gesagt hat, dass ich ein halbes Jahr bleibe. Glücklicher weise kann meine Gastfamilie mich auch ein ganzes Jahr aufnehmen, nur haben sie in der Zeit, in der sie es noch nicht wussten, ihren Urlaub über Weihnachten und Sylvester geplant. Meine Koordinatorin aus Deutschland, hat mir das alles erklärt und gesagt, dass ich über Weihnachten die Familie wechseln musste, da meine Gastfamilie im Urlaub sein wird.
Ich hatte also die Option, die Gastfamilie noch mal ganz zu wechseln oder einfach nur drei Wochen über Weihnachten und Neu Jahr die Familie zu wechseln. Ich habe ein Wochenende darüber nachgedacht und noch mal mit meinen Eltern und Freunden, die bereits ein Auslandsjahr gemacht haben, gesprochen. Ich fand es nicht schlimm, dass ich die Familie für drei Wochen wechseln musste, sondern dass es über Weihnachten und Neujahr sein wird, da genau das eine Zeit ist, in der man schnell Heimweh bekommt und die man mit Leuten die man kennt und mag verbringen möchte. Letztendlich habe ich mich dazu entschieden, die Familie nicht zu wechseln, sondern sie erstmal kennen zu lernen. Wie sich herausgestellt hat, war das wohl auch die richtige Entscheidung. Meine Gastfamilie hat mir nämlich angeboten mit ihnen nach Melbourne zu gehen, nur muss ich nach Weihnachten zurückfliegen und für eine Woche in eine andere Gastfamilie.
Packen für den Schüleraustausch in Australien
Vor meiner Abreise, habe ich angefangen zuhause viel auszusortieren. Ich habe beim Packen viele Dinge aussortiert, da ich mich gefragt habe, ob ich sie nach dem Jahr überhaupt noch brauche. Beim Packen habe ich mich auch beschränkt. Nicht nur weil ich nur 30 kg haben durfte, sondern auch weil alles was ich mit nehme auch wieder zurück muss und zurück hat man eigentlich immer mehr Gepäck.
Bei den Anziehsachen habe ich eher Sachen eingepackt, die ich am Ende des Jahres auch einfach abgeben oder wegwerfen kann. Da ich großteilig sowieso eine Schuluniform tragen werde, brauchte ich nicht viel Kleidung einpacken. Ich habe einfach von allem etwas mitgenommen, um fürs erste ausgestattet zu sein und danach würde ich mir einfach neue Sachen kaufen.
In Australien kann man schließlich alles erhalten, was es bei uns auch gibt, vielleicht nicht unbedingt jede Marke, aber man kann auch einfach mal was Neues ausprobieren.
Neben diesen Sachen, habe ich auch Andenken mitgenommen. Eine Leinwand, mit Küsschen von allen meinen Freunden, Abschiedsbriefe von meinen besten Freundinnen, die ich erst in Australien aufmachen durfte und, etwas kindisch, aber ein Kuscheltier, das mir meine Eltern vor Zeiten geschenkt haben. Am Ende hatte ich dann knapp 27 kg und natürlich noch mal etwas Handgepäck.
Die Abschiedsparty in Deutschland vor meinem Start ins Auslandsjahr nach Australien
Ein paar Wochen vor meiner Abreise haben meine Eltern eine Abschiedsparty für mich organisiert. So hatte ich noch mal die Chance mit allen zu reden und mich richtig zu verabschieden, da auch einige von weiter weg kamen. In den Tagen musste ich mich dann mehr und mehr von meiner Familie und meinen Freunden verabschieden.
Es sind einige Tränen gekullert, doch meine Vorfreude wuchs von Tag zu Tag. Als dann endlich der Tag meiner Abreise gekommen ist und es wirklich ernst wurde, ist mir doch etwas mulmig geworden. Ein Jahr ist doch schon eine lange Zeit. Am Flughafen habe ich ziemlich geweint, als ich mich von meinen Eltern verabschieden musste. Zum Glück war ich nicht alleine. Eine Gruppe von Jungs und Mädchen, die alle mit nach Australien gekommen sind, war in derselben Situation wie ich, am Flughafen. Ich glaube man kann sich nicht richtig verabschieden. Es ist wirklich schwierig, aber letztendlich muss man einfach „Auf Wiedersehen“ sagen und einander das letzte Mal umarmen. Natürlich sind Tränen dabei, aber es kommt einfach die Zeit, da muss man sich dann umdrehen und die ersten Schritte in ein neues Kapitel gehen.
Meine Reise über Dubai und Singapur nach Australien
Nachdem wir uns alle von unseren Lieben verabschiedet hatten, sind wir ins Flugzeug nach Dubai. Von Dubai sind wir nach Singapur geflogen. Dort haben wir fünf Tage Sightseeing gemacht. Danach ging es dann weiter nach Down Under.
Meine Eingewöhnung in der Gastfamilie in Australien
Die erste Zeit in meiner Gastfamilie war ziemlich komisch. Ich kannte sie nicht und sie mich nicht. Es war alles neu für mich und meine Gefühle waren ein Chaos. Doch je mehr Zeit vergeht, desto mehr spielt sich alles ein.
Als ich angefangen habe wieder kontinuierlich Schwimmen zu gehen und der Alltag meiner Gastfamilie für mich zum Alltag wurde, habe ich mich immer wohler gefühlt. In der Woche habe ich Schule und Schwimmtraining. Morgens frühstückt jeder wann er möchte und abends essen wir alle zusammen und reden über den vergangen Tag.
Am Wochenende unternehme ich meist etwas mit Freunden oder koche deutsche Gerichte für meine Gastfamilie. Stück für Stück wird das Leben hier „ mein Leben“ und ich fühle mich weniger fremd.
Auch mein Englisch ist viel flüssiger und ich bin selbstbewusster beim Sprechen. In der Schule verstehe ich so gut wie alles und der Unterrichtsstoff wird immer einfacher zu verstehen. Mittlerweile fühle ich mich fast wie zuhause.

Meine Gefühle zwischen Deutschland und Australien
Auf der einen Seite möchte ich so gerne nach Hause kommen und meine Eltern umarmen oder mich mit meinen Freunden aus Deutschland verabreden. Und auf der anderen Seite möchte ich nie wieder aus Australien zurück. Fast jeder Tag ist sonnig und der Strand ist eigentlich vor der Haustür. Wenn ich manchmal an zu Hause denke, was seltener wird je mehr man zu tun hat und je mehr man in den neuen Alltag finden, werde ich etwas traurig, weil ich nicht da sein kann. Aber wenn ich daran denke, nicht mehr bei meiner Gastfamilie zu sein und wieder zuhause, dann fühle ich mich als ob etwas fehlt.
Nach vier Monaten im Schüleraustausch ist Australien zur zweiten Heimat geworden
Schon nach vier Monaten ist Australien zu meiner Heimat geworden und meine Gastfamilie zu einem Teil von mir. Ich kann mir es mir nicht vorstellen, wie ich ohne diese Erfahrung ausgekommen wäre. Es ist zwar nicht so wie ich es mir vorher vorgestellt habe, aber es ist auch nicht schlimmer. Es ist wirklich einzigartig zu erleben was ein neues Umfeld mit einem machen kann. Meine Sicht auf die Welt und auf mein vorheriges Leben hat sich so viel verändert. Mir sind Sachen aufgefallen, die ich vorher nie bemerkt hätte und mir sind Dinge klar geworden, die ich vorher nicht verstanden habe.
Ich vermisse meine Eltern und meine Freunde täglich, man kann nun mal erst etwas vermissen, wenn man es nicht mehr hat. Aber wenn ich die Entscheidung noch mal treffen müsste, würde ich es nicht anders machen.
Eure Vivien


